Der Vater des modernen Oberhofen

Knapp ein Jahr vor den nächsten Landtags- und Gemeinderatswahlen bringt ML 24 Erinnerungen an Politiker, die viel bewegt, und an politische Ereignisse, die für Aufregung gesorgt haben.

Josef Lochner war Oberhofens Langzeitbürgermeister (1971-1995). 1955 war er 28jährig in den Gemeinderat eingezogen und schnell Vizebürgermeister geworden. Als der damalige Bürgermeister überraschend verstarb, wurde Lochner 1971 als neuer Bürgermeister von Oberhofen durch den damaligen Bezirkshauptmann Hofrat Panuschka angelobt.

Josef Lochner ist einer der Väter des modernen Oberhofen, wie auch die heutige Bürgermeisterin Elisabeth Höllwarth-Kaiser bestätigt: „Er war mit seinem Fleiß sicher einer der Baumeister des modernen Oberhofen und bleibt mit seiner Schaffenskraft auch nach seinem Tod als Vorbild für unsere Gemeinde in Erinnerung.“

Herz, Hirn und Schlauheit
Von der modernen Aufbahrungshalle über den Schul- und Kindergartenbau bis hin zum Sportplatz. Von der Wildbachverbauung über die WC-Anlagen beim Seebad bis zur Kanalisierung. Vieles, was das moderne Oberhofen ausmacht, trägt die Handschrift des einstigen Bürgermeisters. Lochner: „Ein gutes Herz muss man haben, auch Hirn und viel Einsicht für die Leute zeigen. Und Toleranz muss man haben, wenn auch mit gewissen Grenzen.“

An „Österreich-Schlagzeilen“ vorbeigeschrammt
Zweimal hätte Lochner und damit seine Gemeinde Oberhofen österreichweit Schlagzeilen machen können. Einmal, als die Schauspielerin Barbara Rütting ein Projekt für gemeinsames Altern von Mensch und Tier vorhatte. Es war sicherlich ein Projekt für eine völlig neue Art von Seniorenpolitik, aber nicht für diese Zeit und schon gar nicht für Oberhofens Bürgermeister. Ein zweites Projekt betrafen geplante Erdwohnungen von Friedensreich Hundertwasser. Bürgermeister Lochner ließ in einer Pressekonferenz, bei der auch der Autor dieser Zeilen anwesend war, die verdutzten Journalisten wissen: „Diese Erdbehausungen halte ich für unbewohnbar.“ Und er setzte noch einen drauf: „Ich will nicht, dass täglich zehn bis fünfzehn Busse mit Menschen nach Oberhofen kommen, um diese Erdwohnungen zu besichtigen.“ Josef Lochner teilte wohl die damals verbreitete, aber völlig verfehlte Angst vor Hundertwasser.

Lochner nimmt den HutLochner verstand es mit seiner sympathischen Art blendend, Themen, die er in ihrer gesellschaftlichen Dimension gar nicht beurteilen konnte, deren Auswirkungen er aber von seiner Gemeinde fernhalten wollte, abzudrehen. Der liebe Gott hatte den christlich-konservativen Lochner dazu mit einer gehörigen Portion Bauernschläue und Raffinesse gesegnet.

Bürgermeister von seinem Schlag trifft man heute nicht mehr allzu oft. Umso mehr sollte man vor dem Mann, der 1995 als Gemeindeoberhaupt den Hut genommen hat, auch posthum den Hut ziehen.

Norbert Blaichinger

Veröffentlicht am 13.10.2020