300x „Mondseer Jedermann“ in Dialektbearbeitung

Es geht weiter mit unserer wunderbaren Sammlung an alten Zeitungen aus den 1960er-Jahren.

Das Mondseeland vor 55 Jahren!
Was war damals los? Welche Schlagzeilen gab es damals? Was war damals aktuell?

Der 5. Teil unserer Zeitreise zelebriert, passend zur Jedermann-Premiere 2021 am vergangenen Samstag (10.Juli), die 300. Aufführung in der Dialektbearbeitung.


Mondsee. Auch heuer wieder geht über die naturbelassene Freilichtbühne im Karlsgarten die bäuerliche Fassung des Mysteriums von Hugo von Hofmannsthal in der Dialektbearbeitung von Franz Löser an jedem Samstag im Juli und August bei Schlechtwetter am darauffolgenden Sonntag, in Szene. Seit 1922 diese Form des „Jedermann“ hier das erste Mal aufgeführt wurde, ist das Spiel vom Leben und Sterben des reichen Mannes zur Mondseer Tradition geworden. Damals leitete der Hofschauspieler und ehemalige Oberregisseur Josef Bunk das Spiel und gestaltete die Hauptrolle, heute liegt die künstlerische Leitung und die Hauptrolle in den Händen von Kurt Graf.

Unser Mitarbeiter versucht nun skizzenhaft einiges aus der bewegten Spielgeschichte dieses Spiels wiederzugeben. Diesem Versuch liegt ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter des „Mondseer Jedermann“, Kurt Graf, zugrunde. Im Übrigen verwaltet Kurt Graf auch den Nachlass von Gertrude Bunk, deren Charakterzüge im folgenden noch herausgeschält werden mögen. Weiters sind auf ihn die Aufführungsrechte des Mondseer Jedermann übergegangen.
Es dürfte nicht mehr allgemein bekannt sein, dass schon ein Jahr nach der Erstaufführung die Mondseer Laienspieler mit diesem Stück großartige Erfolge in den Wiener Sophiensälen erzielten.

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Sepp Hager, der legendäre Hauptdarsteller in späteren Jahren, war damals schon in Wien als Spielansager dabei. So entnehmen wir es dem Plakat zu jenen Aufführungen. Schon von allen Anfang an stellte der glänzende und begabte Schauspieler Josef Bunk dem „Mondseer Jedermann“ seine Erfahrungen und Kräfte zur Verfügung, als Regisseur und als Darsteller des Jedermann.

Dank dem großzügigen Entgegenkommen des Grafen Almeida konnte im Karlsgarten die Bühne nach Entwürfen des Salzburger Landeskonservators Hofrat Hütter so eingerichtet werden, wie sie sich heute dem Besucher zeigt. Der Bühnenboden war damals aus Holz und nicht aus Beton. Josef Bunk brachte Erfahrungen von der 1. Deutschen Freilichtbühne in Bodetal bei Thale im Harz mit und kam auf den guten Gedanken, nicht, wie im Harz, tagsüber das Theater eine moralische Anstalt sein zu lassen, sondern das Spiel vielmehr mit Lichteffekten bei Nacht aufzuführen. Schon einige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg übernahm Juwelier und Uhrmacher Sepp Hager die Darstellung des Jedermann.

Josef Bunk war in diesen Jahren schon von einer schweren Krankheit gezeichnet und so war es seine im Vorjahr verstorbene Gattin, die sich die Füße wund lief, um den „Jederman“ wieder auf die Bühne zu bringen. Und wieder fanden sich Retter und Helfer, vor allem sei hier Fleischermeister Schachtner genannt, der als Mäzen auftrat und als Starthilfe eine hohe Geldsumme zur Verfügung stellte. So konnte die vom Zahn der Zeit schwer angegriffene Holzbühne den Erfordernissen der Nachkriegszeit gemäß saniert werden.

1948 schlug dann für Mondsee wieder eine bessere Stunde, denn die Tradition des aufrüttelnden „Jedermann“ konnte fortgesetzt werden. Entscheidend in dieser Geburtsstunde halfen die um Bäckermeister Grubinger in der Heimatbühne versammelten Spieler mit. Auch Sepp Hager war wieder unter den großartigen Autodidakten.

Die Heimatbühne spielte ja bis vor einigen Jahren mit gutem Anklang vornehmlich bayrische Schwänke und Anzengruber. Auch erfolgreiche Schauspieler unserer Tage gestehen immer wieder, dass an der Inszenierung des verschiedenen Josef Bunk nichts zu verbessern wäre.

Letztlich ist noch zu sagen, dass der „Mondseer Jedermann“ nicht Gefahr läuft, zur Routine zu werden, denn ein steter Wechsel in der Besetzung schiebt hier einen Riegel vor.

Heuer (1966) stehen auf der Bühne: Hannes Steinhuber (Tod), Friedl Roth (Teufel), Ute Graf (Glaube), Gretl Graf (Werke), Eduard Resch (Mammon), Kurt Graf (Jedermann), Martina Steger (Jedermanns Mutter), Margot Aigner (Jedermanns Geliebte), Robert Bichlbauer (Jedermanns Kumpan), Helmut Gubi (erster Vetter), Gustl Binder (zweiter Vetter), Hertha Gastier (arme Frau), Franz Resch (armer Nachbar), Josef Lehrl (Oberknecht), Stefan Grabner (Spielansager) und Peter Daxner (Gendarm).

Quelle: Welser Zeitung 1966


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Veröffentlicht am 12.07.2021