Kaum zu glauben - Brennende Fragen zu österreischischen Kriminalfällen
Der Autor Norbert Blaichinger mit seinem neuen Buch

Kaum zu glauben - Brennende Fragen zu österreischischen Kriminalfällen

In seinem neuen Buch stellt der Publizist und freie Autor Norbert Blaichinger (61) kritische Fragen zu polizeilichen Ermittlungen und Urteilen von Geschworenengerichten. Er nimmt dabei regionale und überregionale Fälle aufs Korn.

Das Tötungsdelikt an der damals 17jährigen Martina P. beschäftigt Blaichinger seit 1986. Ihr Leichnam wurde im November 1986 von Tauchern – eingewickelt in eine grüne Plane - im Mondsee gefunden. Die Kriminalisten gingen dabei u.a. von einem „Geheimnis“ Martinas aus, zumal es an ihrer Arbeitsstelle einen Urlaubseintrag auf ihrem Kalender gab, von dem ihr Freund nichts wusste. Die Beamten gingen von der Echtheit dieses Eintrags aus, ohne einen Schriftvergleich vollzogen zu haben. Dies war womöglich der entscheidende Ermittlungsfehler, zumal sich kein Indiz für einen heimlichen Freund Martinas fand. Und es gibt auch keinen Zeugen, der Martina am Morgen aus dem Haus kommen sah.

Ein weiterer Fall in Blaichingers Buch ist der Tod der Tanzlehrerin Ingrid S. aus Gmunden, für den der Versicherungsmakler Helmut S. zu 20 Jahren Haft wegen Vergewaltigung und Mordes durch unterlassene Hilfeleistung verurteilt wurde. Trotz der Ablehnung der Anregung einer Nichtigkeitsbeschwerde an die Generalprokuratur liegen in diesem Fall klare Indizien zugunsten des Verurteilten vor. So wurden bei einer Untersuchung im Krankenhaus keine Vergewaltigungsspuren an Ingrid S. festgestellt und die Tatwaffe, ein Pokal, wies keine DNA-Spuren von Helmut S. auf. Beide Umstände waren dem Geschworenengericht nicht bekannt.

Auch das Urteil gegen den pensionierten Hauptschuldirektor Leopold D. aus Taufkirchen an der Pram gibt Anlass zu Zweifeln. D. soll seinem Enkel den Auftrag zur Ermordung von dessen Großmutter Renate D. gegeben haben. Leopold D. beteuert bis heute, nicht der Anstifter für diese Tat gewesen zu sein. Der Fall hatte für so viel Aufsehen und mediale Berichterstattung geführt, dass man sich als Beobachter fragen muss, ob in dieser Stimmung ein Prozess vor Ort überhaupt objektiv stattfinden konnte.

Weitere Fälle im Buch betreffen den Fall Tibor F., den so genannten Disco-Mord in Wien oder die „Entsorgung“ des 74jährigen Schwerverbrechers Thomas U. durch Lebenslänglich und Maßnahmenvollzug. Weiters veröffentlicht Blaichinger die Häfen-Erinnerungen des Peter H., der acht Jahre unschuldig in der Justizanstalt Stein inhaftiert war.

Blaichinger zeigt aber auch die Schwächen von Geschworenengerichten auf, etwa den Mehrheitsentscheid (5:3 Stimmen schuldig, 4:4 Freispruch) oder auch das Fehlen von Urteilsbegründungen. Urteile beruhen auf dem „Wahrspruch“ der Geschworenen. Und er widmet sich auch den Themen Gutachten und dem Maßnahmenvollzug.

„Man gewinnt als Beobachter den Eindruck, dass sowohl bei manchen Ermittlungen wie auch bei manchen Hauptverhandlungen noch viel gründlicher gearbeitet werden müsste“, sagt der Zell am Mooser Publizist, der sich auch seit Jahren in der Betreuung langjährig Inhaftierter und Verurteilten im Maßnahmenvollzug engagiert.

Das Buch ist zum Preis von 22 Euro erhältlich beim Verlag Aumayer, im Buchhandel, bei Amazon und regional bei Trafik Lettner und Postpartner Angelika Eppel sowie Trafik Schwaighofer in Mondsee.

Veröffentlicht am 09.11.2019