„Kunstwerke schaffen zu dürfen, das ist ein Geschenk des Himmels.“
Lydia Roppolt im Gespräch mit Norbert Blaichinger. ©Blaichinger

„Kunstwerke schaffen zu dürfen, das ist ein Geschenk des Himmels.“

OBERWANG. Ihre Kunst forderte heraus. Sie begeisterte die Menschen und sorgte für Entsetzen und Empörung.

Einerseits schuf sie phantastische Glasmosaike, etwa in der Verkündigungsbasilika in Nazareth. Dann wieder sorgte sie für Aufreger. Etwa mit einem „Gekreuzigten“, der anstelle von Gebet und Betrachtung nur Bestürzung und Betroffenheit auslöste. Oder mit einem Kreuzweg, der in einer niederösterreichischen Kommune den Pfarrgemeinderat zum Kochen brachte. Und im kanadischen Edmonton führten ihre „14 Kreuzwegstationen aus Glas“ gar zu einer Verweigerung des Künstlerhonorars.

Freilich wäre es absolut daneben, Lydia Roppolt auf Ausritte wie die genannten zu reduzieren. Zweifellos war sie in der Gesamtbetrachtung ihrer Werke eine Künstlerin von außergewöhnlicher Qualität. Ein gehöriger Schuss Exzentrik inklusive.

„In ihrem Herzen leuchtete Gottes Licht auf.“
Geboren wurde Lydia Roppolt 1922 in Moskau. Aufgewachsen ist sie bei ihrer Adoptivmutter Emma in Wien, wo sie auch die Akademie der Bildenden Künste besuchte und u.a. bei Sergius Pauser und Albert Paris Gütersloh studierte. Mit ihren monumentalen Arbeiten sakralen Charakters wie Glasfenster oder Fresken, aber auch mit Ölbildern, Aquarellen und Graphiken machte sie sich national und international einen Namen.

Als sie 1995 starb, sagte Bischof Maximilian beim Begräbnis: „In ihrem Herzen ist Gottes Licht aufgeleuchtet. Sie hat den göttlichen Glanz auf dem Anglitz Christi gesehen und durch ihr künstlerisches Schaffen dazu beigetragen, dass viele Menschen einen Zugang zu diesem Glauben bekommen haben.“

blaichinger 2015editionBestattet ist Lydia Roppolt wie ihre Adoptivmutter Emma und wie später auch die Haushälterin und „der gute Geist im Hintergrund“, Anna Veronika Widlroither, in der Konradskirche in Oberwang.

Norbert Blaichinger

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Veröffentlicht am 25.08.2020