Ein Blick in die Sterne

Ein Blick in die Sterne

„Dereinst werden von der Menschheit nur ein paar künstliche Satelliten in den Tiefen des Alls übrigbleiben.“

In Harpoint, Gemeinde Zell am Moos, gibt es eine private Sternwarte. ML24 bat den Hobby-Astronomen, Dipl.Ing. Hans Robert Schäfer exklusiv zum Gespräch.

ML24: Was waren die schönsten Erlebnisse für den „Sterngucker“ im Jahr 2020?


Schäfer: Zweifellos war 2020 der Komet C/2020 F3 das herausragendste Himmelsobjekt. Seit mehr als 20 Jahren gab es am Nordhimmel keinen so hellen Kometen mehr zu sehen: Mit freiem Auge sichtbar und mit deutlichem Schweif. Leider konnte er in seiner hellsten Phase nicht mit dem großen Teleskop unserer Sternwarte beobachtet werden, da stand mein großer Lindenbaum im Weg. Erwähnenswert ist auch der Mars, er steht nur selten bei einer Opposition (Erdnähe) so hoch wie 2020.



ML24: Was erwartet der Astronom an Beobachtungen für 2021?


Schäfer: Am 10. Juni ist in Österreich eine partielle Sonnenfinsternis zu beobachten. Die Sonnenscheibe wird hierzulande allerdings vom Mond nur leicht "angeknabbert". Leider ist sonst nicht viel los, was vorausseh- und berechenbar ist.



ML24: Gibt es so etwas wie Auswirkungen durch den Lockdown für die Beobachtungen im Sternenhimmel?


Schäfer: Die deutliche Abnahme des Flugverkehrs bescherte uns einen Himmel mit weniger Zirruswolken und weniger Störlichter auf Sternhimmelsaufnahmen.



ML24: Glauben Sie, dass Sie von der Sternwarte Harpoint neue Planeten entdecken können?


Schäfer: Theoretisch wäre dies mit unserem großen Teleskop möglich. Tatsächlich sind sogar mit etwas kleineren Teleskopen schon Exoplanetensysteme mit der Durchgangsmethode (Planet zieht von der Erde aus gesehen vor seinem Zentralgestirn vorbei) entdeckt worden. Die Helligkeit dieses Sterns nimmt währenddessen ein ganz klein wenig, aber messbar ab. Geschieht dies regelmäßig, dann war es kein "Sternfleck" sondern ein Planet. In der Praxis benötigt man jedoch sehr viele sehr klare Nächte in denen das Teleskop hunderte Sternkandidaten nacheinander automatisiert überwachen muss. Bei unseren Witterungsverhältnissen ist dies nicht besonders aussichtsreich.



ML24: Welche grundsätzlichen Erkenntnisse ziehen Sie aus ihren jahrelangen Beobachtungen unserer Sterne von der Sternwarte Harpoint aus?


Schäfer: Zu Weihnachten feierten wir ein kleines Jubiläum: Genau 20 Jahre zuvor ging unser großes Teleskop hier in Betrieb. Viele sehr interessante Dinge haben wir damit gesehen. Wir konnten die Ausbreitung von Licht im Kosmos als Lichtecho beobachten. Wir haben die Aktivitätsänderungen vieler Kometen direkt gesehen, zahlreiche Supernovas in fernen Galaxien und feine Details auf dem Mond, den Planeten und der internationalen Raumstation ISS. Doch all die schönen menschengemachten Dinge auf der Welt verblassen, angesichts der kosmischen Maßstäbe von Raum und Zeit. Von der ganzen Menschheit werden einst nur einige künstliche Satelliten in den Tiefen des Alls übrigbleiben, wenn Erosion und die Plattentektonik der Erdkruste die letzten archäologischen Überreste von uns zu Staub zermahlen oder ins Erdinnere subduziert haben. Lange noch bevor die Sonne als roter Riese in 4.5 Milliarden Jahren den ganzen Planeten aufschmelzt.

Norbert Blaichinger

Lesen Sie kommende Woche auf ML24 Näheres über die Sternwarte Harpoint.

Veröffentlicht am 04.02.2021