„Gemeindefusion - Erfolgsmodell oder Modeerscheinung“ - ein Erfahrungsbericht von Frau Dr. Gerlinde Stöbich



Am 21.1.2016 fand im VAZ Oberndorf bei Schwanenstadt eine Info-Veranstaltung mit dem Thema „Gemeindefusion - Erfolgsmodell oder Modeerscheinung“ - ein Erfahrungsbericht von Frau Dr. Gerlinde Stöbich statt. 

Rund 200 Menschen aus den umliegenden Gemeinden fanden sich in dem Veranstaltungsraum des modernen Gebäudes ein.

Auch Landes und Kommunalpolitik waren vertreten:

  • Hofrat Dr. Martin Gschwandtner, Bezirkshauptmann von Vöcklabruck (VP)
  • Höfler Elisabeth (VP) - die Bürgermeisterin von Aigen-Schlägl
  • LAbg. Ulrike Schwarz (Grüne) aus Rohrbach Berg,
  • die Bürgermeister der Gemeinden:
  • Pitzenberg - Franz Haghofer (VP),
  • Pühret - Johann Schlachter,
  • Rutzenham - Anton Helmberger,
  • Oberndorf - Rupert Imlinger,
  • und der Vizebürgermeister von Schwanenstadt - Mag. Markus Fischer (VP)


Aber auch die Vertreter des Vereines PRO-Mondseeland - Obmann Georg Ramsauer und Beirat Richard Kothmaier besuchten die Veranstaltung.

Im Zentrum des Berichtes von Frau Dr. Stöbich standen die 2 Prozesse von Aigen-Schlägl und Rohrbach-Berg, die von ihr begleitet wurden, und letztendlich – was ja nicht von vornherein fest stand – zur Fusion dieser beiden Gemeinde-Paare führte. 



Frau Dr. Stöbich, selbst gebürtige Mühlviertlerin weiß wie Kommunen ticken. Bereits seit 20 Jahren berät sie diese in allen Belangen der Veränderung oder Modernisierung. Sie ist Spezialistin in Strategie- und Organisationsentwicklung, Marketing und Qualitätsmanagement. Dabei zeichnet sie nicht nur ihr Fachwissen sondern auch ihre menschlich soziale Herangehensweise an Situationen aus.

Eingeladen zu diesem Abend hat der Verein WI(E)SO - der Name steht für „Verein für Wirtschaft und Soziales“ Mehr zum Verein finden Sie hier.
Moderiert wurde der Vortrag von Christian Aichmayr (Redakteur beim freien Radio Salzkammergut) und auch beim Verein WI(E)SO engagiert.

Das Thema „Gemeindefusionen“ bewegt nun schon längere Zeit nicht nur Oberösterreich sondern auch andere Bundesländer. In der Steiermark wurden diese ja von der Landespolitik verordnet und trafen damals nicht nur auf Zustimmung bei der Bevölkerung.

In den Gemeinden Aigen & Schlägl und kurz darauf auch in unmittelbarer Nachbarschaft - in Rohrbach und Berg im Mühlviertel - war das keine „befohlene Angelegenheit“ sondern ein von den Gemeinden durchaus gewollter Schritt in Richtung Zukunft.

„Wie das Ergebnis am Ende des Prozesses aussieht war nicht von Anfang an klar“ - berichtete Frau Dr. Stöbich. „Und hätte die Volksabstimmung zu einem „Nein“ zur Fusion geführt - wäre das genau so zu akzeptieren gewesen." Viel Kommunikation mit den Bürgern - viele Termine und auch sehr viel Zeit braucht so ein Prozess. Eine Grundvoraussetzung dafür war bei den Gemeinden Aigen & Schlägel und Rohrbach & Berg aber gegeben - der Wille nämlich und wohl auch der Mut sich in diese durchaus arbeits- und zeitaufwändige Prozedur zu begeben. Aber am Ende hat sich diese Courage bezahlt gemacht - nicht nur in Euros sondern vor allem auch in einer neuen, lebendigen und begeisterten Gemeindesituation in der sich Politik und Bürger näher sind denn je.

Der Grund warum diese Veranstaltung aber vor den Toren von Schwanenstadt stattfand war eine Initiativprüfung des Rechnungshofes der die 4 Gemeinden Pitzenberg, Pühret, Rutzenham und Oberndorf bei Schwanenstadt und deren Verwaltungsgemeinschaft (4Plus) im Jänner 2015 hinsichtlich Vorteile einer Fusion überprüft hatte. Den Bericht der Initiativprüfung finden Sie hier.
Eines der Fazits der Prüfung war: ...„Fusion würde den geringen finanziellen Handlungsspielraum der Gemeinden deutlich erhöhen...“

Wer könnte da besser über „für und wider“ - „auf und ab“ - oder aber auch über Ängste und Bedenken auf dem Weg zu einer solchen Gemeindeverschmelzung berichten, als Frau Dr. Stöbich, die von der OÖ Nachrichten als „die Patin der Gemeindefusionen“ bezeichnet wurde.

Anschaulich dokumentierte Frau Dr. Stöbich, genau so wie BGMin Höfler (Aigen-Schlägl) das nichts in diesem Prozess wichtiger ist als „Kommunikation“ - das Motto von Frau Höfler war „beim Reden kommen d’Leut z’am“ - und dieses Motto hat sie sich bis heute erhalten. Mögliche Ersparnisse - bzw. Einsparungen standen erst an 2. eher 3. Stelle. Viel wichtiger wäre es über die Zukunft nachzudenken - und den Bürgern und Bürgerinnen die Möglichkeit zu geben diese mitgestalten zu können. Bei einer gelungenen Fusion ergibt 1+1 nicht 2 sondern 3. Meist seien da die Bürger oft schon viel weiter als die Parteipolitik - meint Frau Dr. Stöbich.

In beiden Fusions-Szenarien gab es eine „größere“ und eine „kleinere“ Gemeinde - nicht immer unbedingt an Fläche - aber an Finanzvolumen. Die Worte „Land-Markt Gefälle“ vielen immer wieder. Ängste wie „die Marktler wollen uns schlucken“ - oder aber auch wie in Rohrbach-Berg „die Rohrbacher bestimmen und wir müssen immer mitziehen bzw. zahlen“ waren gerade zu Beginn der Gespräche an der Tagesordnung, berichteten LAbg. Ulrike Schwarz (Rohrbach-Berg) und BGMin Höfler (Aigen-Schlägl)

Der erste Schritt war die direkte Begegnung mit Ängsten und Bedenken - Kommunikation innerhalb der Gemeindebediensteten sozusagen - den Ängsten um Arbeitsplätze in den Gemeinden konnte man „recht leicht“ entgegen wirken durch die Information, dass diese gesichert seien (was auch eingehalten wurde).
Ängste wie Auflösung der Feuerwehren konnten sehr schnell gelöst werden - alle Feuerwehren blieben erhalten. Und auch die Traditionen oder der Verlust vor diesem ließ sich mit der Erkenntnis „so lange Menschen zu Veranstaltungen gehen - werden sich diese natürlich erhalten“ die Befürchtungen nehmen.

Die Bürgermeisterin von Aigen-Schlägl betonte - würde sie morgen wieder vor der Frage stehen sich in einen solchen Prozess zu begeben - sie würde es sofort wieder tun. Sie meinte aber auch - die große Chance läge nicht im „größer werden“ sondern im größeren Gestaltungsspielraum was die Zukunft der Gemeinde - der Region betrifft, und am Ende ginge es immer um das Wohl der Bürger und Bürgerinnen und um nichts Anderes.

Die Besucher hatten noch reichlich Gelegenheit Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten. Universal-Antworten auf Fragen wie: „die optimale Gemeinde-Größe ist?“, oder „wie viele Gemeinden kann man verschmelzen?“ gab es von Frau Dr. Stöbich aber nicht. Denn ihrer Meinung nach wäre es hier nicht gut zu „generalisieren“. „Jede Ausgangssituation ist absolut individuell und so muss man diese auch betrachten.“ Frei nach dem Motto „wo ein Wille da ein Weg“ ist immer vieles möglich.

Ein Sprichwort von Oscar Wilde sagt "Unzufriedenheit ist der erste Schritt in der Entwicklung von Menschen und Völkern.“ Aus diesem Blickwinkel betrachtet, kann man auch einer unzufriedenen Ausgangslage etwas positives abgewinnen.

Ein absolut hörenswertes Interview von Christian Aichmayr mit Frau Dr. Stöbich findet man hier.

Veröffentlicht am 22.01.2016